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Beschwerde beim EGMR (Individualbeschwerde)

Beschwerde beim EGMR (Individualbeschwerde)

Rechtsanwalt Holger Hembach

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EGMR-Urteile gegen die Schweiz

EGMR: Schweiz diskriminiert Witwer

Holger Hembach · 27. November 2020 · Leave a Comment

Hinterbliebenenrente verstößt gegen Diskriminierungsverbot

Am 20.10.2020 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Schweiz wegen eines Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot aus Art. 14 EMRK verurteilt.

Bestimmte Vorschriften des Gesetzes über die Alters- und Hinterbliebenenversicherung in der Schweiz behandeln Männer und Frauen ungleich.

Hinterbliebenenrente für Männer zeitlich begrenzt

Der Beschwerdeführer in dem Verfahren ist ein Witwer, der sich nach dem Tod seiner Frau um die gemeinsamen Töchter kümmerte und dafür seine Arbeitsstelle aufgab. Er bezog Leistungen aus der Alters- und Hinterbliebenenversicherung. Als seine jüngste Tochter 18 Jahre alt wurde, stellte die Versicherung die Leistungen ein, da dies im Gesetz ausdrücklich so geregelt war. Eine entsprechende Regelung für Witwen gab es allerdings nicht, so dass Frauen auch nach dem Erwachsenwerden der Kinder weiterhin Leistungen aus der Versicherung beziehen konnten. Darin sah der Beschwerdeführer eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zwischen Männern und Frauen.

Entscheidung der Schweizer Gericht

Der Fall ging bis vor das Schweizer Bundesgericht. Dort wurde dem Beschwerdeführer allerdings nicht Recht gegeben. Begründet wurde dies damit, dass das Diskriminierungsverbot aus Art. 14 EMRK nur im Zusammenhang mit anderen Rechten, die in der EMRK oder in einem der Zusatzprotokolle verankert sind. Das Diskriminierungsverbot verbietet also nicht jegliche Ungleichbehandlungen, sondern nur solche im Zusammenhang mit einem anderen Recht, das sich ebenfalls aus der EMRK ergibt. Es ist also ein weiteres Recht erforderlich, das einem in diskriminierenderweise verwehrt wird.

Das Schweizer Bundesgericht war der Auffassung, Ansprüche auf Leistungen von Versicherungen seien durch Art. 1 des ersten Zusatzprotokolls zur EMRK, welches das Recht auf Eigentum regelt, geschützt. Dieses Zusatzprotokoll wurde von der Schweiz allerdings nicht unterschrieben, was zur Folge hat, dass es in der Schweiz nicht anwendbar ist. Damit stellte das Bundesgericht dann fest, dass es an einer Vorschrift fehle im Hinblick auf welche eine Ungleichbehandlung erfolgt war.

Urteil des EGMR

Verletzung der EMRK

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Sache anders gesehen. Er war der Meinung, als Vorschrift käme nicht nur das Recht auf Eigentum in Betracht, sondern auch das Recht auf Familienleben. Die Schweizer Regierung trug vor, dass das Recht auf Familienleben des Beschwerdeführers nicht durch die Tatsache, dass er keine Leistungen mehr beziehen könne, beeinträchtigt werde. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte argumentierte, dass der Zweck dieser Leistungen ja gerade darin bestehe, es Verwitweten zu ermöglichen sich um ihre Familie zu kümmern. Männer und Frauen werden im Hinblick auf den Genuss dieser Leistungen gesetzlich ungleich behandelt. Eine solche Ungleichbehandlung ist nur zulässig, wenn sie durch sachliche Gründe gerechtfertigt werden kann. Solche Gründe erkannte der Gerichtshof in diesem Fall nicht. Früher war es vielleicht so, dass Frauen aufgrund einer gesellschaftlichen Benachteiligung mehr auf die Versicherungsleistungen angewiesen waren als Männer, eine solche Unterteilung ist jedoch heutzutage nicht mehr zeitgemäß. Daraufhin stellte der Gerichtshof einen Verstoß gegen die EMRK fest.

Kein Schadensersatz vom EGMR

Der Beschwerdeführer machte hohen Schadensersatz geltend. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte beschränkte sich allerdings darauf die Verletzung der EMRK festzustellen und verwies für die Bestimmung der Schadenshöhe zurück an die Schweiz. In der Schweiz kann der Beschwerdeführer jetzt ein Wiederaufnahmeverfahren beantragen. Weiteres bleibt abzuwarten.

Video zum Urteil des EGMR

EGMR: Kadusic gegen die Schweiz

Holger Hembach · 10. September 2020 · Leave a Comment

Am 9. Januar 2018 verurteilte der EGMR die Schweiz wegen der nachträglichen Anordnung einer stationären Maßnahme und der Inhaftierung des Schweizer Staatsbürgers M. Mihret Kadusic. Das Urteil in voller Länge finden Sie hier.

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer Herr Kadusic wurde im Mai 2005 wegen verschiedener Delikte in der Schweiz zu einer achtjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Im März 2013, kurz vor seiner Haftentlassung entschied dass Kantonsgericht Basel-Stadt, dass die Strafe in eine sog. „therapeutische Maßnahme“ (Art. 59 es schweizerischen StGB) umgewandelt werden sollte als Folge des geistigen Gesundheitszustands Kadusics. Laut verschiedener Führungsberichte hatte sich Kadusic im Vollzug vorbildlich verhalten.

Damit eine Strafe in eine Maßnahme umgewandelt werden kann muss während des Vollzugs eine psychische Störung festgestellt werden. 2008 wurde im Rahmen eines psychiatrischen Gutachtens eine mittelschwere paranoid narzisstische Persönlichkeitsstörung beim Beschwerdeführer festgestellt. Zudem verfüge der Beschwerdeführer über keine Tateinsicht und sei daher eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Kadusic weigerte sich konstant der psychischen Behandlung zu folgen, die ihm zur Verfügung gestellt wurde.

2010 bestätigte ein Ergänzungsgutachten den Befund des ersten Gutachtens und hielt außerdem fest, eine Therapie habe geringe Erfolgsaussichten. Daraufhin entschied sich das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt die befristete Freiheitsstrafe in eine Verwahrung umzuwandeln (Art. 64 StGB).

Das Bundesgericht befand diese Anordnung jedoch 2012 für unzulässig. Eine Verwahrung dürfe nur die Ultima Ratio (das letzte Mittel) sein und dies sei nicht der Fall.

Am 22. August 2012 Entschied das Appellationsgericht daraufhin, dass anstelle der Verwahrung nur noch eine stationäre therapeutische Maßnahme angeordnet wird. Während dieser Verhandlung wurde auch die Psychiaterin des Ergänzungsgutachtens von 2010 noch einmal angehört. Sie unterbreitete unter anderem konkrete Therapievorschläge, die von den Vollzugsbehörden jedoch nicht beachtet wurden. Der Beschwerdeführer verblieb daraufhin in einer Anstalt, in der er nicht geeignet behandelt werden konnte.

Urteil des EGMR

Der EGMR hat in seinem Urteil die nachträgliche Anordnung einer stationären Maßnahme als grundsätzlich legitimes Mittel anerkannt. Allerdings muss ein kausaler Zusammenhang zum Ausgangsurteil und damit auch zur begangenen Straftat bestehen. Im Fall Kusadic lag das Ausgangsurteil aber bereits sieben Jahre zurück und die Entlassung des Beschwerdeführers stand kurz bevor. Daher dürfe die Frage nach der Kausalität nicht leichtfertig bejaht werden.

Der Gerichtshof kritisierte außerdem, dass sich das Appellationsgericht in seinem Urteil auf zwei Gutachten stützte, die bereits rund zwei bis vier Jahre alt waren. Vor dem Hintergrund einer hinreichenden Aktualität hätte ein neues Gutachten erstellt werden müssen.

Weiterhin stellte der EGMR fest, dass der Beschwerdeführer in einer nicht angemessenen Umgebung behandelt wurde und in eine andere Anstalt hätte verlegt werden müssen. Die Tatsache, dass Kusadic sich jedweder Behandlung verweigerte, rechtfertige es nicht ihn in einer unangemessenen Anstalt festzuhalten.

Zusammenfassend stellte der EGMR fest, dass die beanstandete Maßnahme, die erst verhängt worden war, als der Antragsteller kurz vor der Vollstreckung seiner ursprünglichen Strafe stand, auf Expertenschätzungen beruhte, die nicht ausreichend aktuell waren und den Antragsteller mehr als viereinhalb Jahre nach Ablauf seiner Haftstrafe in einer Einrichtung zurückließen, die für seinen Zustand offensichtlich ungeeignet war.

Da sie daher mit den Zielen der ursprünglichen Strafe unvereinbar war, stellte der EGMR eine Verletzung von Art. 5 a) EMRK dem Recht auf Freiheit und Sicherheit fest.

Folgen

Der EGMR sprach Kadusic eine Entschädigung von 20.000€ für den immateriellen Schaden, sowie 12.000€ für die Prozesskosten zu. Im Anschluss an das Urteil wurde Kadusic am 15. Januar 2018 aus der Haft entlassen.

EGMR zum Recht auf ein begründetes Urteil: Uche gegen die Schweiz

Holger Hembach · 19. April 2018 · Leave a Comment

Art. 6 EMRK und das Recht auf ein begründetes Urteil

Art. 6 EMRK garantiert das Recht auf ein faires Verfahren. Dazu gehört nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) auch das Recht auf ein begründetes Urteil.

Die Gerichte müssen sich mit dem Vorbringen der Parteien auseinandersetzen. Nach Auffassung des Gerichtshofs bedeutet das allerdings nicht, dass sie auf jedes rechtliche Argument der Beteiligten an einem Rechtsstreit eingehen müssen. Sie müssen sich nur mit den wesentlichen Argumenten auseinandersetzen.

Welche das sind, ist oft schwer einzuschätzen. Der EGMR geht davon aus, dass Gerichte zumindest solche Argumente aufgreifen müssen, die für die Entscheidung des Rechtsstreits ausschlaggebend sind.

Urteile, in denen der EGMR eine Verletzung des Rechts auf eine begründete Entscheidung feststellt, sind allerdings selten. Ein Beispiel für einen solchen Fall ist das Urteil im Fall Uche gegen die Schweiz, das am 17.4.2018 ergangen ist.

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war in den Verdacht geraten, mit Drogen zu handeln. Die Polizei hörte sein Telefon ab. Der Beschwerdeführer führte zahlreiche Telefongespräche in verschiedenen Sprachen, die in Nigeria gesprochen werden.

Die Ermittlungsbehörden ließen die Gespräche von einem externen Dolmetscher übersetzen. Sie kamen zu dem Schluss, dass der Beschwerdeführer tatsächlich mit Drogen handelte. Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage. Sie beschuldigte darin dem Beschwerdeführer des Kaufs und Verkaufs einer Kokainmischung. Die genaue Menge sei unbekannt, betrage aber mindestens 1748,8 g.

Darüber hinaus beschuldigte die Staatsanwaltschaft dem Beschwerdeführer des Kaufs und Verkaufs einer unbekannten Menge einer Heroinmischung. Sie führte zu dem aus, dass die Drogen einen Marktwert von rund 155.000 € gehabt hätten.

Das zuständige Gericht befand dem Beschwerdeführer des Kaufs und Verkaufs von 4,4 kg Kokain und 155 g Heroin schuldig. Es verurteilte ihn zu fünf Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe.

Der Beschwerdeführer legte Rechtsmittel ein. Er machte geltend, er sei nicht hinreichend über die Vorwürfe gegen ihn belehrt worden, weil in der Anklage die genaue Menge der Drogen, um die es ging, nicht genannt worden sei. Darüber hinaus zog er die Rechtmäßigkeit des Abhörens seines Telefons in Zweifel und machte geltend, die Identität des Übersetzers sei ihm nicht mitgeteilt worden.

Das Rechtsmittelgericht in Bern wies das Rechtsmittel zurück. Es führte aus, die Anklage habe die Menge der Drogen durch die Mindestmenge und den Kaufpreis hinreichend präzise angegeben.Der Beschwerdeführer legte einen weiteren Rechtsbehelf zum Bundesgericht ein. Er machte erneut geltend, durch die Angaben in der Anklageschrift zur Menge der Drogen sei er nicht hinreichend über die Vorwürfe gegen ihn informiert worden. Außerdem führte er weiterhin an, die Beweise hinsichtlich seiner Telefongespräche seien unzulässig gewesen, weil ihm die Identität des Übersetzers nicht offengelegt worden sei. Der Übersetzer sei nicht als Experte, sondern als Zeuge anzusehen.

Das Bundesgericht entschied über das Rechtsmittel. Es setzte sich jedoch lediglich mit der Frage der Zulässigkeit der Abhörprotokolle auseinander; nicht dagegen mit dem Argument, der Beschwerdeführer sei nicht hinreichende über den Anklagevorwurf informiert worden.

Es führte aus, ein Dolmetscher sei kein Zeuge sondern ein Mittler, der es dem Gericht ermögliche, Beweismittel zu bewerten. Es sei aber angemessen, bestimmte Vorschriften für Zeugen auch auf Dolmetscher anzuwenden. Bei Zeugen sei es möglich, ihre Identität nur dem Gericht zu offenbaren, um sie zu schützen. Es erscheine nicht willkürlich, diese Regel entsprechend auf Dolmetscher anzuwenden. Das Gericht habe keine Zweifel an der Richtigkeit der Übersetzung.

Das Bundesgericht wies das Rechtsmittel zurück. Der Beschwerdeführer legte eine Beschwerde beim EGMR ein.

Das Urteil des EGMR

Der EGMR prüfte, ob das Recht auf ein begründetes Urteil verletzt worden sei. Er verwies auf seine Rechtsprechung, dass das Recht auf ein faires Verfahren grundsätzlich das Recht auf ein begründetes Urteil beinhaltet. Die Gerichte seien nicht verpflichtet, sich mit allen Argumenten der Parteien auseinanderzusetzen. Sie müssten aber auf solche Argumente eingehen, die für den Ausgang des Rechtsstreits entscheidend sein könnten.

Dies sei bei dem Argument des Beschwerdeführers, dass er nicht hinreichend über die strafrechtlichen Vorwürfe gegen ihn informiert worden sei, der Fall der Beschwerdeführer habe hinreichend präzise dargelegt, warum er glaube, nicht ausreichend informiert worden zu sein.

Er habe sich dabei ausdrücklich auf Art. 6 Absatz 3A EMRK berufen.

Wäre das Bundesgericht diesem Argument gefolgt, hätte es das Urteil aufheben müssen. Damit sei das Argument wesentlich für den Ausgang des Verfahrens gewesen, sodass das Bundesgericht sich damit hätte auseinandersetzen müssen.

Es sei nicht Aufgabe des EGMR, Aussagen darüber zu treffen, wie das Gericht hätte entscheiden sollen. Den Ausführungen des Gerichts lasse sich aber nicht entnehmen, ob das Gericht das Argument als offensichtlich nicht stichhaltig bewertet habe, oder ob es schlicht vergessen habe, sich damit auseinanderzusetzen. Hierin liege ein Verstoß gegen das Recht auf ein begründetes Urteil nach Art. 6 EMRK.

EGMR: Z.H. und R.H. gegen die Schweiz – Ausweisung und Art. 8 EMRK

Holger Hembach · 10. Dezember 2015 · Leave a Comment

Im Fall Z.H. und R.H. gegen die Schweiz hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eine Ausweisung im Hinblick auf das Recht auf Privat- und Familienleben nach Art. 8 EMRK geprüft.

Die Beschwerdeführer waren afghanische Staatsbürger. Sie hatten im Jahr 2010 im Iran nach religiösen Vorschriften geheiratet. Die Ehe war aber nicht staatlich registriert oder anerkannt worden. Zum Zeitpunkt der Hochzeit war der Beschwerdeführer 18 Jahre alt gewesen, die Beschwerdeführerin 14 Jahre alt.

Die Beschwerdeführer verließen den Iran und reisten nach Italien, wo sie einen Asylantrag stellten. Sie gingen dann in die Schweiz, wo sie im September 2011 erneut einen Asylantrag stellten.

Das Staatssekretariat für Migration lehnte die Asylanträge ab.

Der Beschwerdeführer legte gegen den ablehnenden Bescheid Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein; die Beschwerdeführerin nicht.

Das Bundesverwaltungsgericht wies das Rechtsmittel zurück. Es führte aus, dass der Beschwerdeführer keine Heiratsurkunde vorgelegt habe. Unabhängig davon können die religiöse Heirat in der Schweiz ohnehin nicht anerkannt werden, weil die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Hochzeit erst 14 Jahre alt gewesen sei und der Geschlechtsverkehr mit einer Person unter 16 Jahren nach Schweizer Recht eine Straftat sei. Eine Anerkennung der Ehe würde daher gegen die öffentliche Ordnung verstoßen.

Im Mai 2012 entschied das Staatssekretariat für Migration, den Antrag der Beschwerdeführerin erneut zu prüfen.

Der Beschwerdeführer beantragte daraufhin, auch seinen Antrag erneut zu prüfen, um die Einheit der Familie zu bewahren. Das Staatssekretariat für Migration machte die Prüfung aber von der Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig da der Antrag nur geringe Aussicht auf Erfolg habe. Da der Beschwerdeführer die Zahlung nicht erbrachte, wurde der Antrag zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer wurde daraufhin im September 2012 nach Italien ausgewiesen. Kurze Zeit später kehrte er illegal in die Schweiz zurück. Bald darauf wurde die Ehe zwischen den Beschwerdeführern in der Schweiz anerkannt, da die Beschwerdeführerin inzwischen über 16 Jahre alt war.

Die Beschwerdeführer legten individual Beschwerde beim EGMR ein. Sie machten unter anderem geltend, die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Italien habe ihr Recht auf Respekt vor dem Familienleben nach Art. 8 EMRK verletzt.

Urteil des EGMR

Der EGMR führte aus, dass grundsätzlich zu unterscheiden sei zwischen Migranten, denen schon formell ein bestimmtes Aufenthaltsrecht eingeräumt worden sei und solchen Migranten, deren Aufenthalt nur toleriert werde, damit Sie die Entscheidung über ihre Aufenthaltserlaubnis abwarten könnten. Wenn Angehörigen der ersten Gruppe das Aufenthaltsrecht wieder entzogen werde, könne dies ein Eingriff in das Recht auf Privatleben oder das Recht auf Familienleben nach Art. 8 EMRK sein. Dieser Eingriff bedürfe dann einer besonderen Rechtfertigung

Anders liege es bei Angehörigen der zweiten Gruppe, also Migranten, die zunächst nur ein zeitweiliges Bleiberecht hätten, bis über ihren Antrag auf Asyl oder eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis entschieden worden sei.

Für sie ergebe sich aus Art. 8 EMRK kein Recht, dauerhaft im Land zu bleiben.Auch wenn ein Migrant Familie habe, bedeutet dies nicht, dass der Staat ihm ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht einräumen müsse, um ihr Recht auf Familienleben zu schützen. Migranten hätten in diesem Fall kein Recht auf eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung.

Dies gelte auch für Asyl suchende, denen der Staat aus eigener Initiative oder aufgrund internationaler Verpflichtungen die Möglichkeit einräume, im Land zu bleiben, während über ihren Antrag entschieden werde.

Der Gerichtshof verwies darauf, dass die Beschwerdeführer der zweiten Gruppe angehörten. Für die Rechtmäßigkeit ihrer Ausweisung gölten daher andere Kriterien als bei Migranten, die bereits in Aufenthaltsrecht gehabt hätten.Es gehe hier allein um die Frage, ob die Schweiz aufgrund des Rechts auf Familienleben nach Art. 8 EMRK verpflichtet gewesen sei, dem zweiten Beschwerdeführer ein Aufenthaltsrecht zu gewähren, damit er mit seiner Frau in der Schweiz zusammen leben könne. Es gehe insofern nicht nur um Familienleben, sondern auch um Immigration im weiteren Sinne.

Der Gerichtshof führte aus, der Umfang der Pflichten, die sich aus dem Recht auf Familienleben ergeben, sei jeweils im Einzelfall zu prüfen. Wichtige Faktoren seien Bindungen in dem Staat, in dem Aufenthalt begehrt werde, inwieweit das Familienleben durch eine Verweigerung des Aufenthaltsrechte beeinträchtigt würde oder ob Gesichtspunkte der öffentlichen Ordnung gegen einen Aufenthalt sprächen.

Der EGMR war der Auffassung, die Entscheidung der Schweiz, die ihr nicht anzuerkennen, sei richtig gewesen. Auch müsse berücksichtigt werden, dass der Beschwerdeführer drei Tage nach seiner Ausweisung wieder in die Schweiz gereist sei. Die Schweizer Behörden hätten dies toleriert

Bedenke man ferner den Beurteilungsspielraum, den Staaten bei der Umsetzung der Konvention hätten und berücksichtige das berechtigte Interesse daran, Immigration zu kontrollieren, sei die Ausweisung des Beschwerdeführers nicht zu beanstanden gewesen.

Beschwerde beim EGMR (Individualbeschwerde)

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